Informationen für Nachbarn
Bienen in Nachbars Garten führen immer wieder zu Verunsicherung:
- Ist das nicht gefährlich? Muss ich mich vor Stichen oder sogar Angriffen fürchten?
- Was haben Bienen in der Stadt verloren?
- Darf man überhaupt im Garten Bienen halten?
Dies ist eine Information, die sich direkt an meine Nachbarn richtet. Sie gilt aber sicherlich in gleicher Weise für alle Nachbarn eines Bienenstandes.
Bienenflug
Viele Nachbarn werden wahrscheinlich gar nicht bemerken, dass hinterm Gartenzaun Bienenstöcke stehen. Denn Bienen suchen gezielt nach so genannten Massentrachten. Das heißt, dass eine Ansammlung von Apfelbäumen, eine Wiese mit vielen Wildblumen, die Baumallee oder auch ein Rapsfeld viel attraktiver sind als die – meist viel zu wenigen – nektar- und pollenspendenden Pflanzen nebenan. Dabei legen sie auf der Suche nach Nahrung Strecken von bis zu drei Kilometern zurück.
Wir haben unsere Bienen bewusst so aufgestellt, dass sie gezwungen sind, sich unmittelbar nach dem Verlassen des Bienenstocks (Imker nennen die Bienen-Behausung auch „Beute“) in luftige Höhe zu schwingen. Sie fliegen also weit oberhalb unserer Köpfe und finden so schnell den Weg z.B. in die vielen Obstbäume, die sich in den Gärten rund um unser Haus befinden.
Das führt mich auch direkt zu einem großen Nutzen für unsere Nachbarn: die Bestäubungsleistung der Bienen. In diesem Jahr (2015) habe ich mit großer Besorgnis in unsere blühenden Kirschbaum geschaut: Es waren nur sehr wenige Insekten zu sehen (noch hatten wir keine eigenen Bienen). Ich gehe daher davon aus, dass die Ernten in den nächsten Jahren deutlich üppiger ausfallen werden.
Es gibt zwei Umstände, bei denen unsere Nachbarn eventuell die Bienen stärker wahrnehmen werden:
An sehr heißen und trockenen Tagen könnten sich die Bienen an den Rändern von Gartenteichen oder auch an Vogeltränken einfinden, um Wasser zu sammeln. Wir versuchen jedoch, dies zu vermeiden, indem wir selbst eine Bienentränke aufstellen. Haben sich die Bienen an diese gewöhnt, werden sie diese anderen (weiter entfernten) Wasserquellen vorziehen.
Nach den langen Winterwochen müssen die Bienen ihre Kotblase leeren; sie vollziehen den so genannten Reinigungsflug. Sollte in dieser Zeit frisch gewaschene Wäsche auf der Leine hängen, kann es sein, dass sie auf dieser dunkle Flecken hinterlassen. Dies ist – zugegeben – lästig, ist aber mit einer erneuten Wäsche behoben. Allerdings findet der Reinigungsflug zu Zeiten im Jahr statt, zu denen üblicherweise nur selten im Freien getrocknet wird. Auch helle Autos können schonmal „Opfer“ dieser Erleichterung sein.
Die Stadt als Nektar-Paradies
In unseren Städten finden Bienen über einen langen Zeitraum Nektar und Pollen. Anders als in ländlichen Regionen, in denen häufig in Monokulturen angebaut wird, steht in den Privatgärten eine Vielzahl von Blühpflanzen. Auch die vielen Stadtbäume sind attraktive Flugziele.
Leider jedoch stehen in unseren Gärten auch viele Pflanzen, die zwar schön blühen, aber keinerlei Nektar bieten. Z.B. die Forsythie ist eine dieser schmucken, aber aus Bienen-Sicht wertlosen Pflanzen.
Interessanter für Bienen sind einige Pflanzen, die leider häufig als lästige „Unkräuter“ angesehen werden: Löwenzahn, Klee. Aber auch angesehenere Pflanzen dienen unseren Bienen als Nahrungsquelle: Himbeere, Brombeere, Apfel, Kirsche, Klatschmohn, Königskerze, Sonnenblume, Fette Henne, Efeu, Berberitze, Weiden, Bienenbaum, Kornelkirsche u.v.m.. Listen der wichtigsten Trachtpflanzen gibt es in der Wikipedia und in WikiBooks, beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und auch bei den Pflanzempfehlungen des Projektes „Die Honigmacher“.
Lassen Sie also ruhig einmal das ein oder andere Kraut stehen und warten Sie vielleicht nochmal ein paar Tage mit dem Mähen des Rasens, auch wenn schon der Klee blüht.
Und bewahren Sie einen weiteren Standortvorteil der Stadt: Verwenden Sie keine Pestizide (sogenannte Pflanzenschutzmittel und Unkrautvernichter). Wie die jüngsten Erkenntnisse zeigen, wird manches als „bienenungefährlich“ deklariert, was hochgiftig auf die fleißigen Sammlerinnen wirkt.
Sanftmütige Hautflügler
Wenn man sich manche Leserbriefe oder Reaktionen in Internetforen anschaut, gewinnt man den Eindruck, dass einige Menschen Honigbienen geradezu als Bedrohung empfinden. Viele assoziieren mit dem Bild des Imkers einen alten Mann mit Schutzschleier, Handschuhen und Rauch-Pfeife.
In den letzten Jahrzehnten haben sich nicht nur die Imker verjüngt. Die Bienen wurden auch ganz gezielt auf Sanftmut hin gezüchtet. Daher ist es heute möglich, weitestgehend ohne Schutz an den Bienenstöcken zu arbeiten. Lediglich bei bestimmten Wetterlagen und sehr extremen Eingriffen in das Bienennest kann es sein, dass die Nektarsammlerinnen unfreundlich reagieren.
Keinesfalls aber müssen Imker-Nachbarn befürchten, dass sie auf der Terrasse von Bienen angefallen werden. Es kann höchstens einmal sein, dass ein Bienenschwarm eine Beute verlässt und sich an einem Zweig niederlässt. Eine solche Menge an Bienen ist zwar beeindruckend, aber ebenfalls nicht gefährlich. Im Gegenteil: Diese Bienen sind extrem friedlich, da sie kein Nest zu verteidigen haben. Was Sie tun sollten, wenn Sie einen Bienenschwarm finden, lesen Sie im Artikel „Schwarm gefunden – was tun“{: class="nolinkicon"}.
Die rechtliche Situation
Honigjäger/-in in den Cuevas de la Araña 10.000 - 6.000 v. Chr.
Lizenziert unter GPL über Wikimedia Commons.
Bereits vor 7.000 Jahren hat der Mensch begonnen, Bienen zu halten. Und so ist es verständlich, dass schon sehr früh Gesetze rund um das Halten von Bienen und die Herstellung von Bienenprodukten erlassen wurden.
Die frühesten bekannten „Bienengesetze“ finden sich im Salischen Gesetz (Lex Salica) aus dem Jahr 510 n.Chr.. Im Corpus Iuris Civilis (533 n. Chr.) ist zu lesen.
Examen, quod ex alveo tuo evolaverit, eo usque tuum esse intellegitur, donec in conspectu tuo est nec difficilis eius persecutio est: alioquin occupantis fit.
Der Bienenschwarm, der aus deinem Stock auszieht, wird solange als dein Eigentum angesehen, wie er in deinem Blickfeld bleibt und nicht schwer zu verfolgen ist. Andernfalls wird er Eigentum dessen, der ihn sich als nächster aneignet.
Schon die Westgoten regelten den Wildbienenfang im Lex Romana Visigothorum (506 n. Chr.) und führten eine Haftpflicht bei durch Bienen verursachten Schäden ein.
Der Beruf des Imkers bzw. Zeidlers ist urkundlich erstmals für das Jahr 748 n. Chr. belegt.
In unserem modernen Rechtssystem werden zahlreiche Rechtsbereiche berührt: Nachbarrecht, Haftungsrecht, Schwarmrecht, Baurecht, Tierseuchenrecht, Lebensmittelrecht.
Beim Imkerverein „Apidea mellifica“, bei dem ich selbst Mitglied bin, gibt es eine sehr umfassende Übersicht zu den verschiedenen Themen. Ich konnte keinen Grund finden, der aus rechtlichen oder auch aus „Vernunftsgründen“ aus meiner Sicht dagegen spricht, Bienen in unserem Garten zu halten.
Die Schwierigkeit, mit den Vorschriften und Auslegungen umzugehen, liegt nicht allein in der Eigenart der Honigbiene, die rechtlich eine Sonderstellung einnimmt, begründet. Sie rührt auch daher, daß nicht nur der Imker, sondern vor allem die Allgemeinheit am Nutzen der Biene teilnimmt.
(Das Bienenrecht, Dr. Achim Gercke, 1985)
Haben Sie nicht auch das Gefühl, dass es heutzutage allgemein viel weniger Bienen in den Gärten gibt als noch in Ihrer Kindheit? Sind jetzt wirklich ungewöhnlich mehr Bienen im Garten, oder haben Sie nur das Empfinden, weil Sie wissen, dass sich nicht weit weg ein Bienenstand befindet?
Konflikte entstehen im Wesentlichen durch falsche Informationen, weil Menschen Angst vor Stichen haben, teilweise Bienen mit Wespen verwechselt werden (Wespen verhalten sich u.U. völlig anders als Bienen), eventuell Verschmutzungen beim Reinigungsflug entstehen oder sich Schwärme auf dem Nachbargrundstück niederlassen. Daher habe ich versucht, hier für mehr Klarheit zu sorgen und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.
Sollten dennoch Unklarheiten oder Bedenken bestehen, suchen Sie bitte immer zunächst das persönliche Gespräch. Haben Sie Fragen oder möchten Sie sich einen Eindruck verschaffen: Kommen Sie vorbei. Honig gibt es aber leider erst im kommenden Jahr 2016.